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Impfung unter Blutverd?nnung mit Marcumar ? - Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Institutes und der GTH vom 25. November 2009

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  • Impfung unter Blutverd?nnung mit Marcumar ? - Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Institutes und der GTH vom 25. November 2009

    Paul-Ehrlich-Institut 25.11.2009:

    Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Institutes und der GTH (Gesellschaft f?r Thrombose und - H?mostaseforschung e.V.) zur Impfung mit den pandemischen Influenzaimpfstoffen Pandemrix oder Celvapan bei Patienten unter oraler Antikoagulation

    Alle Informationen des PEI zum Thema: www.pei.de/schweinegrippe

    Die Anzahl der Patienten unter Therapie mit oralen Antikoagulationen bei den verschiedensten Grunderkrankungen hat in den letzten Jahren zugenommen.

    In der Fachinformation von Marcumar (Phenprocoumon) hei?t es unter dem Punkt 5. Gegenanzeigen/ Besondere Vorsichtshinweise:
    "Intramuskul?re Injektionen d?rfen unter Phenprocoumon-Therapie aufgrund der Gefahr massiver Einblutung in die Muskulatur nicht erfolgen".

    In den klinischen Studien mit Pandemrix (adjuvantierter Splitimpfstoff) und Celvapan (Ganzvirusimpfstoff) ist jedoch ausschlie?lich die Wirksamkeit und Sicherheit von intramuskul?ren (i.m.) Verabreichungen bei Gesunden untersucht worden. Daten zu einer subkutanen (s.c.) Injektion liegen nicht vor.

    In einer Pandemiesituation ist es unrealistisch allen Patienten unter oralen Antikoagulantien vor der Impfung den INR (international normalized ratio) Wert anzuheben oder sogar auf niedermolekulares Heparin umzustellen. Ein solches Vorgehen k?nnte nur in Einzelf?llen in Erw?gung gezogen werden.

    Aus diesem Grunde hat man in den entsprechenden Fachinformationen von Pandemrix und Celvapan folgende Empfehlung ausgesprochen:

    4.2. Art der Anwendung:
    Die Impfung sollte intramuskul?r, vorzugsweise in den Deltoidmuskel des Oberarms oder in den anterolateralen Bereich des Oberschenkels (je nach Muskelmasse) verabreicht werden.

    4.3. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsma?nnahmen f?r die Anwendung:
    Pandemrix darf unter keinen Umst?nden intravaskul?r verabreicht werden. Es gibt keine Daten zur subkutanen Verabreichung von Pandemrix. Daher muss der Arzt entscheiden, ob die Anwendung des Impfstoffes bei Personen mit Thrombozytopenie oder einer Blutgerinnungsst?rung, bei denen eine intramuskul?re Injektion kontraindiziert ist, gerechtfertigt ist und ob der m?gliche Nutzen der Impfung das Risiko von Blutungen ?berwiegt.

    Nach zwei Publikationen von Studien (Influenza vaccination in patients on long-term anticoagulant therapy von A.M. Iorio, Science Direct; Vaccine 24 (2006) 6624-6628 und Safety of intramuskular influenza vaccine in patients receiving oral anticoagulation therapy: a single blinded multi-centre randomized controlled clinical trial von J. Casajuana, BMC Blood Disord.2008;8:1) erscheint die i.m. Injektion in diesem Patientenkollektiv nicht komplikationsreicher als die subkutane Impfung.

    In der ersten Studie wurden 104 Patienten mit einer stabilen antikoagulativen Therapie (INR von 2-3) entweder zun?chst mit Fluad und dann mit einem Placebo oder umgekehrt erst mit einem Placebo und dann mit Fluad i.m. geimpft. Lokale Reaktionen nach Verabreichung des Impfstoffes traten in 16.3% auf. Einblutungen in den Muskel wurden in der Ver?ffentlichung nicht erw?hnt, allerdings seien nach Fluad Applikation bei 11 Patienten petechiale Blutungen beobachtet worden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Patienten unter einer stabilen Antikoagultion durchaus i.m. geimpft werden k?nnen.

    In einer zweiten Studie wurden Patienten unter oralen Antikoagulantien entweder i.m. (N=129) oder s.c. (N=100) mit einem saisonalen nicht adjuvantierten Influenzaimpfstoff geimpft. Endpunkte waren hier der Armumfang, Lokalreaktionen und INR-?nderungen nach 24 Stunden oder 10 Tagen. Das Ergebnis war, dass die intramuskul?re Verabreichung nicht zu einer Zunahme an unerw?nschten Nebenwirkungen gef?hrt hat. Im Gegenteil, es erscheint den Autoren sogar so, als w?re die i.m. Injektion von nicht-adjuvantierten Impfstoff besser vertr?glich als die subkutane Gabe.

    Eine allgemeine Empfehlung entgegen der expliziten Warnhinweise aus der Fachinformation von Marcumar kann nach diesen zwei Ver?ffentlichungen jedoch noch nicht gegeben werden.

    Dem gegen?ber wird, obwohl es hierzu keine Studien gibt, die subkutane Verabreichung in keiner der Produktinformationen (Marcumar, Pandemrix oder Celvapan) ausgeschlossen.

    Vergleichende Daten zur i.m. versus s.c. Verabreichung die mit anderen Impfstoffen durchgef?hrt wurden lassen nicht darauf schlie?en, dass deren Wirksamkeit abnimmt.

    Somit ist auch nicht davon auszugehen, dass die Wirksamkeit von Pandemrix oder anderer pandemischer H1N1- Impfstoffe durch das Abweichen vom empfohlenen Applikationsweg (s.c. anstelle von i.m.) klinisch signifikant beeintr?chtigt sein k?nnte. Allerdings muss man bei diesen Impfstoffen nach einer s.c. Gabe mit einem erh?hten Risiko f?r ausgepr?gte Lokalreaktionen rechnen; auch k?nnten m?glicherweise l?ngerfristige Komplikationen (z.B. Fremdk?rperreaktionen mit Nekrosen) auftreten. Zur Reduktion der lokalen Nebenwirkungen ist die prophylaktische Gabe von einem Antiphlogistikum (z.B. Paracetamol) zu ?berlegen.

    Vor einer i.m. Gabe sollte der INR-Wert nicht > 3,0 liegen und keine Kombination mit Pl?ttchenaggregationshemmern eingenommen werden.

    Eine generelle Empfehlung, wie im Einzelfall zu handeln ist, kann daher derzeit nicht gegeben werden. Die ideale Vorgehensweise muss individuell in einem Gespr?ch zwischen Arzt und Patient gefunden werden.





    Kommentar: Man kann die Stellungnahme des PEI und der GTH wohl am ehesten so interpretieren, dass die ersatzweise subkutane Applikation des Impfstoffes bei Marcumarpatienten als angemessen anzusehen ist. Jedenfalls ist die s.c.-Gabe eindeutig nicht kontraindiziert und gegen?ber der sonst ?blichen i.m.-Gabe ist auch nicht mit einem wesentlich schlechteren Impferfolg zu rechnen.
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